Öffentliche Abendvortrag DGG 2024 in Jena, Mittwoch, 13.03 2024,
20:00-21:00 im HS2, Carl-Zeiss-Straße 3.
Erdbebenschwärme, Magmatransport und Vulkanausbrüche
(Prof. Dr. Torsten Dahm, Sektion Erdbeben und Vulkanphysik, Deutsches GeoForschungsZentrum)
„Erdbeben kommen in Gruppen“. Diese Beobachtung zeigt bereits, dass der zufgrundeliegende Prozess der Erdbebenentstehung nicht auf einen Ort und eine kurze Zeit beschränkt ist und für die wissenschaftlichen Messgeräte „leise und im Verborgenen“, abläuft. Heute wissen wir, dass es die Änderung der elastischen Spannungen im Gestein und der Reibungskräfte zwischen Gesteinsblöcken sind, die Erdbeben auslösen. Treten Spannungsänderungen abrupt auf, zum Beispiel durch das Erdbeben selbst verursacht, kommt es zu sogenannten Nachbeben, wie sie nach stärkeren Erdbeben zu beobachten sind. Die Stärke und Intensität der Nachbeben nimmt mit der Zeit und dem Abstand zum Hauptbeben kontinuierlich ab.
Ein weitere Gruppe von Erdbeben, die so genannten Schwarmbeben, sind dadurch gekennzeichnet, dass die Intensität und Stärke der Beben mit der Zeit nicht oder nur sehr langsam abnimmt und sich die Aktivität der Gruppe im Untergrund manchmal sogar langsam verschiebt und bewegt. Der Begriff Erdbebenschwarm wurde 1899 erstmals von dem Geologen Josef Kett eingeführt, um die lang anhaltende Erdbebentätigkeit bei Hattenberg im Vogtland im Jahre 1824 zu beschreiben. Schwarmbeben sind typisch für das Vogtland.
Wir wissen heute, dass Erdbebenschwärme insbesondere unter Vulkangebieten auftreten, wenn sich magmatische Fluide oder Gesteinsschmelzen ansammeln oder aufsteigen. Diese Prozesse können seit Januar 2020 auf der isländischen Halbinsel Reykjanes aus nächster Nähe beobachtet werden. Dort lösen sich seither magmatische Schmelzen aus einem Reservoir im oberen Erdmantel und steigen in die oberen Schichten der Erdkruste auf, begleitet von massiven Erdbebenschwärmen, zyklischen Hebungen und Senkungen des Bodens und der Bildung von Oberflächenspalten und kleinen Verwerfungen. Mit Hilfe der Erdbebenschwärme konnten in Island Zeit und Ort der bevorstehenden Spalteneruptionen eingegrenzt werden.
In dem öffentlichen Abendvortrag werden wir die Entstehung und Bedeutung von Erdbebenschwärmen während der vulkanischen Aktivität auf der Reykjanes-Halbinsel in Island beleuchten. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie die Erdbebenschwärme im Vogtland zu bewerten sind. Dringen auch hier Schmelzen in die mittlere Kruste vor und könnte dies sogar zu einem Vulkanausbruch führen? Hat es im Vogtland oder in Deutschland überhaupt schon Vulkanausbrüche gegeben und wann?
Diese und andere Fragen werden diskutiert und es wird gezeigt, was die Wissenschaft erforscht, um die Vorgänge im Vogtland und in anderen magmatisch aktiven Gebieten Deutschlands zu verstehen.